Der Nachzuchterfolg...
...setzt sich, meiner Meinung nach, aus verschiedenen Faktoren zusammen. Ein wirklicher Erfolg ist es in meinen Augen nur dann, wenn die Befruchtungsrate hoch und die Sterblichkeitsrate gering ist. Ein solcher Erfolg hängt davon ab, wie optimal die Haltungsbedingungen gestaltet werden, ob die Tiere gesund sind und artgerecht ernährt werden, ob sie stark gestresst wurden, zum Beispiel durch Erkrankungen und dadurch bedingte Medikamentengaben, zu häufiges Anfassen, eine ungünstige Gruppenzusammenstellung oder andere stressauslösende Faktoren.
Meine Nachzucht
Die Paarungszeit beginnt bei meinen Tieren in etwa gegen Ende Oktober und zieht sich bis in den Februar hinein, wobei die Paarungsaktivitäten am häufigsten in die Monate Dezember und Januar fallen. Um seinen Weibchen zu verdeutlichen, dass er paarungsbereit ist strengt sich mein Männchen Cleo jedesmal immens an. Er umwirbt das ausgewählte Weibchen, indem er es hartnäckig verfolgt, umkreist und versucht es mit Rammstößen gegen den Panzer und Bissen und die Beine zu einer Paarung zu animieren. Lässt das Weibchen es zu, beginnt er von hinten auf das Weibchen aufzureiten.
Im Alter von knapp vier Jahren hob mein Weibchen Nomi völlig unerwartet zum ersten Mal eine Nistgrube aus und legte zwei Eier hinein. Zu diesem Zeitpunkt wog sie 180 g. Cleo wog während der vorangegangenen Paarungsversuche im Winter ca. 100 g und war zweieinhalb Jahre jung. Bis dato hatte ich mir über eigene Nachzuchten und was man alles dafür braucht gar keine Gedanken gemacht, dachte mir einfach nur, dass Cleo eine Art Dominanzverhalten zeigte indem er des öfteren aufritt. Ich war davon überzeugt, dass sicherlich noch zwei bis drei Jahre ins Land gehen werden, bis ich mich über Eier freuen kann. Da hatte ich wohl die Rechnung ohne den Wirt gemacht...
Levi hatte zwar schon das erforderliche Gewicht erreicht, jedoch keinerlei erkennbare Anstalten in Richtung Eiablagen gemacht und Nomi hatte die, mir aus der Literatur und aus Unterhaltungen mit anderen Haltern bekannten, mindestens 200 g noch gar nicht erreicht. Da ich nicht vorbereitet war, musste ich improvisieren und bastelte mir auf die Schnelle einen Brutkasten selbst. Ich glaubte zwar nicht daran, dass diese Eier überhaupt befruchtet sein könnten, wollte es aber trotzdem versuchen, sie auszubrüten. Dreizehn Tage später legte Nomi nochmal zwei Eier. Alle Eier waren winzig klein (ca. 1,8 x 2,2 cm) und wogen 4 g bzw. 5 g. Nach etwa sechs Wochen platzte ein Ei aus dem ersten Gelege. Es war nicht befruchtet. Die anderen drei blieben im Selbstbaubrüter, denn sie schienen sich tatsächlich zu entwickeln. Ich war sehr neugierig und wollte unbedingt alles genau untersuchen und beobachten, deshalb konnte ich mich nicht beherrschen und hatte sie vorsichtig durchleuchtet, um zu sehen, ob wenigstens in den drei übrigen Eiern Leben steckte. Ich konnte sehr deutlich die Blutgefäße und einen kleinen schwarzen Schatten, den Embryo, in den Eiern sehen. Nach 71, 81 und 92 Tagen Inkubationszeit, bei einer Temperatur zwischen 31,5 °C und 32.5 °C und einer Luftfeuchtigkeit von 90%, schlüpften drei winzig kleine gesunde Babyschildkröten. Mittlerweile brüte ich auch mit der Jaeger Kunstglucke FB50. Die Eier brüte ich komplett vergraben in Sand-Lehm-Gemisch, das erscheint mir persönlich am natürlichsten. Auf meinen Selbstbaubrüter, der mittlerweile natürlich optimiert wurde, möchte ich dennoch nicht verzichten.
Im Jahr darauf hatte auch Levi ihr erstes Gelege bei einem Gewicht von rund 270 g (nach der ersten Eiablage), welches aus vier verhältnismäßig großen Eiern bestand. Im März 2019 wurde sie dann ein echtes Sorgenkind mit einer Fünf-Eier-Legenot, die wir gerade so noch in den Griff bekamen. Nach Oxytocingabe durch unseren Tierarzt und einer elendigen Quälerei konnte sie die fünf riesigen Eier legen. Zum Glück zerbrachen die Eier beim Durchtritt durch die Kloake, anders, so vermute ich, hätte sie diese Eier niemals raus gebracht. Die Legenot schien sie derart gestresst zu haben, dass bis März 2021 das Eierlegen von ihr komplett eingestellt wurde.
Seit 2017 bis 2020 haben meine Weibchen Nomi und Levi insgesamt 39 Eier gelegt, von denen 36 befruchtet waren und aus diesen wiederum 28 Nachzuchten erfolgreich geschlüpft sind. Von den acht Eiern, aus denen nichts wurde, waren vier zwar befruchtet aber es entwickelte sich kein Embryo aus der Keimscheibe, die anderen vier Eier entwickelten sich zwar mit längeren Verzögerungen (Diapause), starben dann aber kurz vor dem Schlupf bzw. während des Schlupfes leider ab. In der aktuellen Saison legten beide Weibchen zusammen insgesamt 19 Eier. Davon war ein Ei unbefruchtet und eins hat sich bisher nicht entwickelt. Stand heute, 08.07.21 sind bisher vier gesunde Nachzuchten geschlüpft.
Eine besondere Methode, die ich 2018 ausprobiert habe, ist die Bebrütung einiger weniger Eier auf die natürlichste Weise, die es in menschlicher Obhut gibt: "Naturbruten". Unter dem äußeren Lichtkegel einer 50 Watt starken UV-Lampe brüteten einige Eier im Boden des Aufzuchtterrariums. Hier war die Bruttemperatur, bedingt durch die Nachtabsenkung und die Wärmeabgabe der Lampe, großen Schwankungen unterworfen. Die Temperaturen sanken dort nachts auf ein Minimum von 18-22 °C und stiegen tagsüber auf 34-36 °C an. Ich hatte zum Ziel damit männliche Nachzuchten zu inkubieren. Es schlüpften, wie sich später herausstellte, zwei Weibchen.
Woran Sie erkennen können ob ein Ei befruchtet ist, welche Vorkehrungen zu treffen sind, wenn die Zeit der Eiablagen naht, woran Sie bevorstehende Eiablagen erkennen können und andere nützliche Informationen zum Thema Paarung, Eiablagen und Inkubation finden Sie selbstverständlich reichlich bebildert im Buch.